Johannes Zillinger
- Land
- Österreich
- Region
- Weinviertel
- Rebfläche
- 20 ha
- Boden
- Löss-Lehm
- Rebsorten
- Riesling, Grüner Veltliner, Rösler, Muskateller, Chardonnay, Scheurebe, St. Laurent, Syrah, Zweigelt, Cab. Sauvignon, Sauvignon Blanc
- Bewirtschaftung
- Biodynamisch
Zurück in die Zukunft
Der Winzer Johannes Zillinger gehört zur Avantgarde der österreichischen, vor allem aber der Weinviertler Weinszene. Er profitierte davon, dass sein Vater das Weingut bereits 1984 auf biologische Bewirtschaftung umgestellt hatte. Mit der Übernahme des Weinguts im Jahr 2012 hat er den Weg in Richtung Biodynamie fortgesetzt, vor allem aber die Arbeit im Keller revolutioniert.
Ausbruch aus dem Weinviertel
Das größte Weinbaugebiet Österreichs ist gleichzeitig dasjenige, das die wenigsten markanten Weine hervorbringen dürfte. Auf 13.841 Hektar wächst im Nordosten Österreichs, im sogenannten Weinviertel, vor allem Grüner Veltliner mit dem berühmten „Pfefferl“. Das „Pfefferl“ ist das Markenzeichen dieser Region und beschreibt die Rebsorte in etwa so, als würde man den Silvaner immer nur auf seine Eignung als Spargelwein reduzieren.
Lange Zeit stand das Weinviertel ähnlich wie das deutsche Rheinhessen für Massenanbau und Fasswein. Mit der Gründung der ersten DAC Österreichs im Jahr 2002 wollte man dem Weinviertel auf einer neuen Qualitätsbasis ein neues Gesicht geben. Das ist auch ein Stück weit gelungen, hat aber dazu geführt, dass alle Weine, die von der Norm abweichen, von der Weinkontrolle abgelehnt werden.
Für Johannes Zillinger war damit der Weg in die DAC Weinviertel schon früh versperrt. Denn Johannes Zillinger ist einer, der gerne verschiedene Rebsorten und Ausbaumethoden mischt und Weine gerne trüb in die Flasche bringt. Bis heute in allen deutschsprachigen Weinbaugebieten ein No-Go für so genannten Qualitätswein.
Sein Portfolio ist das Gegenprogramm zum typischen Weinviertler Wein.
Charakterwein ohne Prädikat
Für Johannes Zillinger aus Götzendorf im südlichen Weinviertel war klar, dass er außerhalb dieser Strukturen niemals Lagenweine abfüllen könnte. Also musste er andere Wege gehen und entwickelte nach und nach ein komplexes Gebilde aus Serien wie Numen, Parcellaire, Revolution, Perpetuum und Velue, das man erst einmal verstehen muss - aber dazu später mehr. Sein Portfolio ist das Gegenprogramm zum typischen Weinviertler Wein.
Schon deshalb, weil nicht unbedingt der Grüne Veltliner das Markenzeichen des Weinguts ist, sondern eher der Sauvignon Blanc, gefolgt vom Muskateller. Im eigenen Land zählen diese Weine bis heute vergleichsweise wenig – auch wenn eine Entwicklung im Gange ist. Das Unverständnis seinen Weinen gegenüber, musste Zillinger nach seinem radikalen Bruch mit der Norm ebenso wie die Heinrichs, ein Claus Preisinger und die anderen „bunten Hunde“ Österreichs schnell erfahren. Die Stammkundschaft des Weinguts brach weg, sein Vater sah den Betrieb schon in Gefahr. Doch anderswo, zum Beispiel hierzulande, in Skandinavien, in den Metropolen der USA oder Asiens, wurden die Weine schnell populär, weshalb Zillingers Exportanteil bei 85 Prozent liegt.
Ruhige Weine
Heute macht Johannes Zillinger Weine mit ganz eigenem Charakter, deren Grundlage die Arbeit im Weinbau ist. Dort findet man neben einer großen Artenvielfalt an Flora auch Hühner, Bretonische Zwergschafe und Kunekune-Schweine, die alle mit Zillinger zusammen auf natürlich Weise im Weinberg arbeiten und dazu beitragen, dass er deutlich seltener mit Technik arbeiten muss. Seine Weine sind genauso voller Leben wie die Weinberge, sie sind geerdet und strahlen doch eine mühelose Leichtigkeit aus. Sie sind ruhig und tiefgründig, selbstbewusst und dürfen Ecken und Kanten haben. Diese Kanten sind der Sweetspot im Ausdruck der verschiedenen Serien des Portfolios.
Velue ist der alte Name des Ortes Velm-Goetzendorf und auch der Name der Weiden, die an den Bächen des Ortes wachsen. Die Weine werden naturbelassen, spontan vergoren und im Stahltank, im Kvevri und im großen Fass ausgebaut. Es gibt nur kurze Maischestandzeiten. Velue steht für sofortigen Trinkgenuss.
Parcellaire steht für Parzellenweine. Da Zillinger die Weine nicht nach Einzellagen benennen darf, verwendet er nur einzelne Parzellen, um die Herkunft der Weine hervorzuheben. Die Weine stammen aus den kühlsten Parzellen und Teilparzellen alter Weingärten.
Revolution steht für den besonderen Entwicklungsprozess der Weine im Keller. Es sind Weine, die zum Teil aus Soleras stammen. Um den Solera-Anteil herum ist alles erlaubt: Direktpressung, Einmaischen mit den Füßen, Maischestandzeiten, Verwendung von Piwis und vieles mehr.
Numen bezeichnet das metaphysische Wirken, das der Mensch nicht beeinflussen kann. Entsprechend arbeitete Zillinger im Keller: Mit so wenig Einfluss wie möglich. Dennoch prägt der Winzer mit der Wahl der Gefäße und der Standzeiten natürlich einen bestimmten Stil. Numen heißen seine größten Weine, die vielleicht nur noch vom Perpetuum übertroffen werden.
Perpetuum ist die Essenz von Zillingers Weinstil. Er verkörpert die Eleganz der Velues, die Mineralität und Frische der Parcellaires und den Druck und die Komplexität der Numens.
Text von Christoph Raffelt
März 2024